Eine risikoadaptive Eingriffsstrategie für Gefahrenbremssysteme
Philipp Reinisch, Dieter Schramm
Auf dem Gebiet der Gefahrenbremssysteme sind in den letzten Jahren weitreichende Entwicklungsaktivitäten zu verzeichnen. Eine immer stärker und früher eingreifende Bremsung soll die Wirksamkeit der Systeme maßgeblich erhöhen und ihren individuellen und volkswirtschaftlichen Nutzen weiter steigern. Mit den veränderten Bremsparametern geht jedoch eine Reihe von Risiken einher, deren Reduktion das Ziel der vorliegenden Arbeit ist: das Falschwarn-, Falschauslöse- sowie das Folgekollisionsrisiko. Um diese Risiken zu senken, werden sowohl das Fahrerverhalten als auch die zugrunde liegende Verkehrssituation modelliert, beobachtet und analysiert. Auf Basis der erarbeiteten menschlichen und physikalischen Kenngrößen werden dann die Komponenten Vorwarnung sowie Stärke und Zeitpunkt der Bremsung angepasst und in eine gesamthafte, risikoadaptive Eingriffsstrategie integriert. Die Vorwarnung wird in Form von Rückschaltvorgängen umgesetzt, die von abgelenkten Fahrern als haptische Warnung, von überholenden Fahrern hingegen als Unterstützung wahrgenommen werden. Das Falschwarnrisiko lässt sich durch die damit gestiegene Verzeihlichkeit im Falle einer Falschwarnung erheblich reduzieren. Der Eingriffszeitpunkt der eigentlichen Bremsung ergibt sich aus der Prämisse, bis zum Ende einer maximal angenommenen Reaktionszeit abzuwarten, ob der Fahrer selbständig die Situation entschärft; Falschauslösungen werden damit vermieden. Für die Reduktion des Folgekollisionsrisikos wird der Bremsverlauf derart angepasst, dass zunächst stark und anschließend mit verminderter Bremskraft verzögert wird. Dieses degressive Profil verbessert die Reaktion des Folgeverkehrs und kann somit Folgekollisionen verhindern. In weitreichenden Untersuchungen wird die Wirksamkeit der vorgestellten Ansätze nachgewiesen: Falschwarn- und -auslöserisiko können um mehr als die Hälfte, das Folgekollisionsrisiko um ein Drittel gesenkt werden.