Electio e sinu Trinitatis
Bonaventuras Prädestinationslehre nebst einem Reflexionsbeitrag
Klaus Obenauer
Die ewige Erwählung und Verwerfung sowie die Wirksamkeit der Gnade mit der Freiheit des kreatürlich Wollens und dem universalen Heilswillen Gottes zu vereinbaren, stellt eine klassische Bemühung katholischer Theologie dar. Weniger bekannt sind die Gedanken des heiligen Bonaventura zu diesem Thema. Beachtung verdienen sie deshalb, weil es diesem Kirchenlehrer sowohl um radikal gedachte Freiheit als auch um radikal gedachte Gnade geht, weshalb er auf eine stringente Systematisierung verzichtet. Obwohl der Gedanke der „praedestinatio ante praevisa merita“ bei ihm dominiert, ist ihm nichtsdestotrotz in nicht unerheblichem Maße die augustinische Vorstellung einer „electio e massa“ präsent. Hier wird nun versucht, die wichtigsten Elemente seiner Lehre zum Vorherwissen und zur Allursächlichkeit Gottes sowie zur Prädestination zusammenzutragen. Bonaventuras facettenreicher Ansatz kann jedoch in seiner mangelnden Geschlossenheit dem spekulativen Theologen kaum genügen: Deshalb wird im dritten Teil dieser Untersuchung der (streitbare) Versuch unternommen, den Begriff einer „verursprungten Ursprünglichkeit“ trinitätstheologisch zu legitimieren.