Entkommen!
Mein Weg durch Chaos, Krieg und Kälte. Ein Junge aus Ostpreußen erlebt die Vertreibung
Lutz Radtke
Ein packend geschriebener Bericht eines Halbwüchsigen von Flucht und Vertreibung, der den Leser nicht nur durch seinen brillanten Stil in den Bann zieht, sondern das persönliche Einzelschicksal auch in den größeren historischen Zusammenhang stellt und so ein allgemein gültiges Bild dieses tragischen Geschichtsabschnittes vermittelt.
Ungemein spannend und lebendig erzählt der Autor von seiner Kindheit und dem täglichen Leben in der ostpreußischen Kreisstadt Deutsch-Eylau. Da bricht der Krieg in die Idylle ein: Luftangriffe, die panische Angst der Bevölkerung vor den anrückenden Russen und schließlich die Flucht der Familie aus Deutsch-Eylau – alles wird minutiös beschrieben.
Der Autor muß zusammen mit seiner Familie Abschied von der Heimat nehmen, der ein Abschied für immer sein wird. Die Vertreibung erlebt Lutz Radtke als 13- bis 16jähriger; rasch muß er die Stelle des Vaters einnehmen. Ängste, Kälte, Hunger, Not und der allgegenwärtige Tod bestimmen jene Monate.
Der Autor hat dieses Buch für seine Enkel und für eine Generation geschrieben, die heute vermehrt Fragen über diesen Zeitabschnitt stellt. Immer wieder stellt der Autor deshalb seine Erlebnisse in einen größeren historischen und politischen Zusammenhang – was nicht auf Kosten der guten Lesbarkeit geht. Das Massaker von Nemmersdorf findet hier ebenso Erwähnung wie die tragische Versenkung der „Wilhelm Gustloff“ oder der „Bromberger Blutsonntag“.
Doch seine Erzählungen reichen auch weit in die Nachkriegszeit hinein und beschreiben, womit sich eine Vertriebenenfamilie auseinandersetzen mußte: das Einleben in eine fremde Heimat, die Not der Nachkriegszeit und der Neuaufbau. Ein Nachklang bildet schließlich, nach Jahrzehnten, die Heimkehr in die alte Heimatstadt – als Besucher.