Entwicklung und Struktur der Retina und des Tapetum lucidum des Hundes
R. Hebel
Der Vorgang des Sehens, d. h. die Umsetzung von Helligkeitsunterschieden, Formen, Farbtönen und Bewegung in eine koordinierte Erregung ist zweifellos eines der interessantesten Phänomene des Lebens. Die Wahrnehmung von Licht ist wohl den meisten Formen innerhalb der Entwicklungsreihe eigen, doch kommt es erst beim Wirbeltier zur Ausbildung eines kompliziert gebauten Inversions auges, dessen eigentlich receptorischer Teil, die Retina, in einen komplexen Hilfs apparat eingebaut ist. Läßt sich die Funktion dieses Hilfsapparates in Form der bilderzeugenden oder der schützenden Einrichtungen noch relativ leicht überblicken, so ist es trotz fortwährender Bemühungen bislang nicht gelungen, den Sehvorgang selbst, von der Umsetzung der Energie des Lichtes in Erregung, über deren Fortleitung innerhalb der Retina bis zur Perzeption im Großhirn auch nur annähernd zu klären. Es liegt zwar eine große Anzahl von Teilergebnissen vor, die mit physikali schen und chemischen Nachweisen und Methoden der Verhaltensforschung oder embryologischen, histologischen, histochemischen, elektronenmikroskopischen Methoden erzielt wurden, doch wird es dabei zunehmend schwieriger, das gesamte Schrifttum über die Retina zu überblicken. Dieser Arbeit liegt die Absicht zugrunde, durch Anwendung traditioneller und moderner Forschungsmittel und Verfahren einen überblick über den Aufbau der Retina einer Tierart zu erhalten. Die Lichtmikroskopie hat dabei nicht die Aufgabe, alle Methoden zu wiederholen, die schon bei den verschiedensten Species zur Anwendung kamen, sondern die, mit relativ einfachen Mitteln die mikro skopische Anatomie der Netzhaut des Hundes zu klären. Das Schwergewicht der Strukturanalyse liegt bei der Elektronenmikroskopie.