Erinnern verboten!
Ausgewählte Neugestaltungsprojekte für Wien zwischen 1938 und 1945 aus dem Österreichischen Staatsarchiv
Roman Hans Gröger
Vorliegende Monographie geht zurück auf die Diplomarbeit des Autors aus dem Jahre 1993. Bereits damals bestand großes, persönliches Interesse an den Antworten auf die Fragen nach dem „Warum?“, dem „Wie?“ und den Erwartungen, die zur Herrschaft des Nationalsozialismus in Österreich geführt hatten.
Die Antworten zu jener Zeit waren vor allem von Menschen, die diese Phase der Geschichte miterlebt hatten, eher dürftig. Die Schlagworte von der „Vollbeschäftigung“, den „Autobahnen“ und „wenn nur der Krieg nicht gewesen wäre“ wurden am Häufigsten genannt. Was jedoch wirklich vor sich gegangen ist, wurde meist ausgelassen. Erst langsam öffneten sich die Menschen und stellten sich ihren eigenen Erinnerungen, die infolge des Verlustes jeder Hoffnung verdrängt worden waren.
„Nur nicht darüber reden“, „nicht daran erinnern werden“ war die gebräuchliche Motivation. Einen großen Anteil daran hatte das offizielle Österreich mit der Sichtweise „vom ersten Opfer“ des Nationalsozialismus. Man wollte sich nach außen hin gar nicht mit der Materie beschäftigen, bis im Zuge des erinnerungswürdigen Wahlkampfes um das Amt des Bundespräsidenten im Jahre 1986 diese Geschichtslücken und auch die Geschichtslügen hervorbrachen.
Nur zögerlich folgte man nun auch in Österreich jenem Zug der Zeit, der in Deutschland schon länger zu bermerken war und stellte sich dem eigenen Anteil an der Geschichte des Nationalsozialismus. War es zunächst die Aufarbeitung am Ablauf der tatsächlichen Ereignisse, kann man in den letzten Jahren vermehrt die Bewegung hin zu den nicht mehr verwirklichten Projekten beobachten.
In diesem Kontext traten auch die immer wieder propagierten und sowohl historisch als auch modern genannten Architekturprojekte hervor. Frau Mag. Ingrid Holzschuh lieferte mit ihrer Diplomarbeit zu den Planungen des „Gauforum Wien“ von Dustmann einen bedeutenden Ansatz, ihr folgte Ingeburg Weinberger mit ihrer Dissertation über die Siedlungsformen in Wien und Umgebung aus jener Zeit. Die Basis lieferte aber wohl Helmut Weihsmann mit der akribischen Arbeit für jene Bauwerke, die aus den Jahren des 3. Reichs bis in unsere Zeit hinein „überlebten“. Dass hierbei der Anteil an österreichischen oder Wiener Gebäuden aufgrund der Zeitspanne eher kurz ausfallen musste, liegt auf der Hand.
Die vorliegende Darstellung versucht aufzuzeigen, was neben den Wohnbauprojekten durch den Staat, die Reichsbahn, die Reichspost oder die Schutzpolizei geplant war. Hierzu zählen die Schulen, die HJ-Heime aber auch die Sportplätze sowie Verkehrsbauwerke. Wobei die Darstellung der einzelnen Bereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern auf den Akten des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich sowie der Reichsstatthalterei Wien basiert. Es wird also nur die staatliche Verwaltung berücksichtigt, die Gemeindeverwaltung findet nur so weit Niederschlag, als sie in den Akten feststellbar ist.
Um ein besseres Verständnis für die Zeit und die Menschen in dieser Phase der Geschichte zu schaffen, leitet die Monographie mit einer kurzen Geschichte der NSDAP sowie ihrer Programmatik ein, wobei sich diese darauf beschränkt, die Entwicklung zu jenem System des organisierten Verbrechens aufzuzeigen, dass letztlich Millionen Menschen den Tod brachte.