Erinnerungen an 90 Jahre des 20. und 21. Jahrhunderts von Erbguth,  Eckhardt

Erinnerungen an 90 Jahre des 20. und 21. Jahrhunderts

Eine Zeitdokumentation

Erinnerungen an 90. Jahre des 20. und 21. Jahrhunderts:
Ich habe ich mich im 89. Lebensjahr auf Drängen vieler Kenner meiner Lebensvita hingesetzt, um diese öffentlich zu machen. Im Zeitpunkt der Machtübernahme in Deutschland durch Hitler im Jahre 1933 war ich gerade 10 Jahre alt. Beschreibe aus meiner Sicht auch diese dann folgende Zeit und versuche zu erklären, warum Hitler danach immer mehr Zulauf bekam, es hierbei weniger um Ideologien, sondern mehr ums nackte Überleben des Einzelnen ging, denn die Jahre davor waren wirtschaftlich eine Katastrophe. Mit 16 Jahren verließ ich mein Elternhaus und nahm in Rostock beim Zoll meine Berufsausbildung auf, die ich aber nicht beenden konnte, weil ich nach Vollendung meines 18. Lebensjahres Soldat wurde. Ich kam nach Neuruppin zur Division „Groß Deutschland“ und erlebte dort meine Rekrutenzeit. Nachdem diese beendet war, erhielten ich und einige andere Soldaten den Marschbefehl nach Rastenburg in Ostpreußen und nahmen dort im Führerhauptquartier „Wolfschanze“ unseren Dienst als Wachsoldaten des Führer-Begleitbataillons auf. Im Laufe der Zeit lernte ich auch die Hauptquartiere in Russland genannt „Werwolf“ und in der Eifel genannt „Felsennest“ kennen. Ich nahm an zwei Fronteinsätzen teil, der erste führte mich in das Gebiet nördlich von Stalingrad und danach nach Litauen, um dort jeweils Durchbrüche der Russen durch die deutsche Front wieder zu bereinigen. Es waren äußerst intensive Einsätze. Jeden Tag griffen wir praktisch an, beseitigten den Durchbruch. Am nächsten Tag erfolgte an einem anderen Ort wieder ein entsprechender Angriff und so ging es Tag für Tag. Beim ersten Einsatz 1942/43 wurde ich leicht verwundet, beim letzten Einsatz 1944 erlitt ich drei Verwundungen, davon als letzte eine äußerst schwere. Ein guter Freund von mir hörte davon, dass ich irgendwo im Angriffsabschnitt liegen würde, suchte mich, fand mich und brachte mich mit Hilfe anderer Kameraden zur Verbandsstelle. So habe ich diesem Freund aus Dresden mein Leben zu verdanken. Leider konnte ich mich bei ihm nicht mehr bedanken, denn er fiel kurze Zeit danach. Aufgrund dieser schweren Verletzung wurde ich am 30.04.1945 als Schwerkriegsbeschädigter entlassen und erlebte so in meinem Elternhaus in Mecklenburg den Einmarsch der Roten Armee.
Vor diesem letzten Fronteinsatz wurde mir und einem anderen Kameraden 1944 ein Sonderauftrag zuteil. Wir erhielten eine feldgraue Panzeruniform und sollten uns jederzeit abrufbereit halten. Danach wurden wir eines Tages zum OKH gebracht und mussten dort dem Chef des OKH in Beisein von Oberst Stauffenberg, wie mir das erst viel später klar wurde, diese Uniformen vorführen. Diese Vorführung wiederholte sich etliche Tage danach erneut. Danach mussten wir weiter in Bereitschaft bleiben. Doch eines Tages wurden wir zum Flugplatz des Hauptquartiers gebracht, dort stand eine HE 111 für uns bereit, die sofort mit für uns unbekanntem Ziel startete. Wir landeten in Salzburg und wurden dort von einem Kübelwagen abgeholt, der uns in eine Kaserne brachte und uns am übernächsten Tag abholte und auf den Berghof in die dortige SS-Kaserne fuhr. Auf dem Exerzierplatz mussten wir mit der neuen Uniform antreten. Nach einiger Zeit erschien Hitler mit etlichen Offizieren, um sich die Uniform anzusehen. Erst nach 1945 wurde mir durch Pressemitteilungen bewusst, dass in diesem Zusammenhang der Uniformvorführung ein Attentat auf Hitler geplant worden war und die Uniformvorführung dazu Mittel zum Zweck war. Ich erhielt hierbei ein mit unbekanntem Inhalt gefülltes Sturmgepäck, das sehr vermutlich eine Sprengladung enthielt. Die ersten Monate nach Kriegsende und dem Einmarsch der Roten Armee war eine fürchterliche und turbulente Zeit, es wurde geplündert, vergewaltig und das letzte Vieh vom Hof geholt. Ich selbst erlitt in dieser Zeit bei einem Russenüberfall einen Durchschuss durch das rechte Ellenbogengelenk. Im Oktober dieses Jahres konnte ich meinen abgebrochenen Beruf in Rostock wieder aufnehmen. Wir, die aus dem Krieg zurückkamen, mussten jetzt vom ersten Tag an verantwortlich tätig sein, weil viele der Kollegen gefallen waren oder als Nazis nicht wieder eingestellt wurden. Doch die politische Entwicklung, zuerst in der Ostzone dann in der nachfolgenden DDR, machte uns erheblich zu schaffen, denn es entwickelte sich im Osten eine neue Diktatur, die gerade in den Jahren um 1950 unter der Präsidentschaft von Wilhelm Pieck mit aller Gewalt durchgesetzt wurde. So musste ich 1953 mit meiner Familie zum Westen flüchten und landete erst bei meinen Eltern im Solling, die schon vor Jahren Mecklenburg verlassen mussten. Nach vielen Mühen wurde ich 1954 durch die Fürsprache einer Unterstützerin wieder beim Zoll in Münster/Westf. eingestellt. Ich habe oft genug davor zu hören bekommen: „Wir haben Sie nicht gerufen“ und andere Sprüche mehr! Jetzt hieß es aber wieder ganz von vorne anfangen, also erneute Ausbildung, Prüfungen usw. Dass ich im Kriege bereits zum Zollinspektor ernannt worden war und auch 1951 bereits das Hauptzollamtes Rostock mit 180 Bediensteten geleitet hatte, spielte keine Rolle. Es war somit beruflich und auch wirtschaftlich nicht leicht, in beiden Bereichen wieder bei „Null“ anzufangen. Doch es wurde durch Fleiß und Tatkraft geschafft. Nach der Wende 1989 kehrte ich 1994 nach Bruch meiner Ehe alleine in meine Heimat nach Mecklenburg zurück und siedelte mich hier in Dabel wieder an, wo ich auf dem in der Nähe liegenden damaligen Forsthof in Turloff eine äußerst glückliche Kindheit verbracht hatte. Erwarb hier ein baufälliges relativ großes Haus und sanierte es gründlich. Aber auch hier war ich nicht gern gesehen und stieß auf Widerstände politischer Art. Es war nicht zu übersehen, dass noch der Zeitgeist der DDR sehr deutlich zu vorhanden war und schon einige Probleme mit sich brachte. Doch ich tauchte hier mehr und mehr in die bildende Kunst (Malerei und Bildhauerei) ein, mit der ich im Westen in den 70er Jahren begonnen hatte, fand so nach meiner Pensionierung einen neuen Lebensinhalt, der mich voll ausfüllte. Lernte vor Jahren eine neue Partnerin kennen, deren Vater 1950 von der Straße weg verhaftet, den Russen übergeben, von einem Militärgericht in Schwerin zum Tode verurteilt, nach Moskau gebracht und danach erschossen wurde. Wir heirateten 2007 und leben seitdem zufrieden in einem gut sanierten hundertjährigen Haus in einer beeindruckenden mecklenburgischen Landschaft.

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