Eschatologische Öffentlichkeit
Öffentlichkeit der Kirche und Politische Theologie im Werk von Erik Peterson
Roger Mielke
Seit einigen Jahren erst wird Erik Peterson (1890-1960) als eine der Schlüsselfiguren der deutschen und europäischen Theologie und Geistesgeschichte neu entdeckt. Die sukzessive erfolgende Ausgabe seiner Ausgewählten Schriften gewährt Einblick in die spannungsreichen Prozesse eines Denkens, das sich im Austausch mit vielen bedeutenden Gesprächspartner der 1920er bis 1950er Jahre entwickelte. Von besonderem Interesse ist dabei der eigentümliche Begriff des Politischen, wie Peterson ihn in zunächst enger Verbindung mit Carl Schmitt formulierte, an dem dann aber auch unter den Bedingungen des nationalsozialistischen Totalitarismus diese Beziehung zerbrach. Peterson stellte dem totalisierten Politischen seiner Zeit eine Ekklesiologie entgegen, die die Kirche als selbständige politische Größe in der eschatologischen Öffentlichkeit des „himmlischen Gottesdienstes“ vor dem Thron Gottes verankerte. Von dieser spezifischen Öffentlichkeit der Kirche her gewinnt Peterson eine ungemein kritische Urteilskraft gegenüber den totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts. die er als konsequente Selbstvollendung der Moderne verstand. Auf diesem Denkweg entzweite sich Peterson immer tiefer mit der evangelischen Kirche und Theologie seiner Zeit, um schließlich im Jahr 1930 zum römischen Katholizismus zu konvertieren. Lange Zeit vergessen, wird Peterson heute wieder entdeckt und in Theologie, Philosophie und politischer Wissenschaft in aktuellen Diskursen gelesen. Seine von Liturgie und Dogma her formulierte Theologie ist eine bleibende Herausforderung für eine ökumenische Kirche der Zukunft. Die vorliegende Arbeit unternimmt es als erste Monographie im Raum der evangelischen Theologie, den Weg Petersons, fokussiert auf das zentrale Thema der Öffentlichkeit und des Politischen, nachzuzeichnen. Umfangreiche Analysen widmet der Autor dem Begriff des Politischen in der Kontroverse zwischen Schmitt und Peterson. Gegenwärtige Diskursfäden nimmt der Autor besonders im Gespräch mit der im deutschen Sprachraum noch wenig rezipierten „Radical Orthodoxy“-Schule auf.