Europas Spiegel
Die Antikensammlung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen
Katja Sporn
Im Mythos erhielt Europa seinen Namen von der phönizischen Königstochter, die der von Liebe ergriffene, in einen Stier verwandelte Zeus an die Küsten Kretas brachte. Ein prächtiger griechischer Spiegel im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen mit der Darstellung dieses beliebten Mythenbildes ist Teil der städtischen Antikensammlung, die sogar in Fachkreisen bisher weitgehend unbekannt ist. Eine Gruppe von Studenten und Mitarbeitern des Archäologischen Instituts Köln hat nun erstmals den gesamten ursprünglichen Bestand auf der Grundlage des Erhaltenen und durch Auswertung von umfangreichem Archivmaterial erschlossen und die Ergebnisse in diesem Katalog vorgelegt. Während der Grundstock der Antikensammlung vor allem durch Schenkungen Aachener Bürger im ausgehenden 19. Jahrhundert gelegt wurde, setzten sich im frühen 20. Jahrhundert die Museumsdirektoren zum Ziel, den Bestand durch gezielte Ankäufe zu bereichern und die Antike in ihrer gesamten Bandbreite zu präsentieren. Namhafte zeitgenössische Sammler wie die Grafen Stroganoff und von Swenigorodskoi überließen dem Museum aussagekräftige Stücke. So kam nach und nach eine facettenreiche Sammlung von fast 400 Antiken zusammen, die weite Teile der klassischen Antike anschaulich vor Augen führt. Die Gegenstände vertreten die zyprische, griechische, etruskische, römische, punische, nordpontische, in geringem Umfang sogar die iberische Kultur und bilden in ihrer Bandbreite gleichsam einen Spiegel Europas. Die Antiken sind in erster Linie Tonprodukte, sowohl Gefäße als auch Gegenstände des Alltags, des Handels, des religiösen und des funerären Bereiches wie auch figürliche Terrakotten. Besondere Glanzpunkte bilden einige Bronzegegenstände wie Spiegel, Helme, Attaschen, Schmuck und Gemmen. Die Skulpturensammlung war wegen des naturgemäß höheren Preises stets zahlenmäßig unterrepräsentiert und wurde zudem von den Kriegsverlusten besonders betroffen. Leider ist während des 2. Weltkrieges ungefähr ein Viertel der Sammlung verloren gegangen. Mit diesem Katalog werden nun bisher unbekannte Antiken in Nordrhein-Westfalen präsentiert und darüber hinaus ein Beitrag zum Sammlungsinteresse des städtischen Bürgertums in Aachen an der Wende zum 20. Jahrhundert geleistet.