Exercitia artis et pietatis
Die geistlichen Gedichte des Herzogs Anton Ulrich zu Braunschweig-Lüneburg
Hans H Krummacher
Ausgehend von der frühen handschriftlichen Überlieferung der geistlichen Lieder Anton Ulrichs, fragt die Untersuchung zunächst nach dem Einfluss seiner Erzieher Sigmund von Birken und Justus Georg Schottel und des ihnen und dem Wolfenbütteler Hof eng verbundenen Georg Philipp Harsdörfer. Die Beiträge zur Poetik, mit denen diese Autoren wesentlichen Anteil an der Entfaltung der Barockliteratur nach Opitz gehabt haben, lassen erkennen, dass der junge Herzog ihre Anregungen intensiv aufgegriffen hat. Doch geht es mit den darauf beruhenden Texten nicht nur um die Einübung neuartiger Kunstmittel, sondern diese sind in Übereinstimmung mit dem Dichtungsverständnis seiner Lehrer aufs engste mit dem geistlichen Gehalt von Anton Ulrichs Dichtung verknüpft. Wiesehr diese der für das 17. Jahrhundert so charakteristischen Gebets- und Erbauungsliteratur nahe steht, zeigt sich nicht nur an den thematischen Schwerpunkten, an der kombinierenden Benutzung zahlreicher Bibelstellen oder an der Aufnahme mancher Lieder in Werke der Erbauungsliteratur, sondern auch daran, daß mehrere Lieder sich als strengere und freiere Nachdichtungen dogmatischer und erbaulicher Texte von Leonhard Hutter, Martin Moller, Johann Arndt und Johann Michael Dilherr erweisen lassen.