Exodus
Die Juden Europas nach dem Holocaust
Wolfgang Benz, Matthias Weber
Der Begriff „Exodus“ steht hier für das Ende einer historischen Epoche: die Entwurzelung und Heimatlosigkeit der Juden in Europa nach dem Holocaust. Fluchtbewegungen, Versuche des Neubeginns in Übersee, die Erfahrung des Exils sind Aspekte des komplexen Themas. Der Flucht nach Shanghai folgte dort kein dauerhafter Aufenthalt, das Zusammentreffen von „Opfern“ und „Tätern“ in Südamerika gehören wie die DP-Lager in Westdeutschland zu den Determinanten jüdischer Nachkriegsexistenz. In den Blick zu nehmen ist auch die kirchliche Fluchthilfe für NS-Täter (»Rattenlinie«). Zum Vergleich mit dem jüdischen Schicksal werden drei kulturelle Gemeinschaften exemplarisch betrachtet. Die Bukowinadeutschen, die während der NS-Herrschaft ihre Heimat verlassen mussten, damit annektierte Gebiete wie das „Wartheland“ dem Prozess der „Eindeutschung“ unterzogen werden konnten, wurden dort zum zweiten Mal vertrieben und mussten sich im besetzten Nachkriegsdeutschland neue Existenzen aufbauen. Im gleichen Zusammenhang ist die Identität von Deutschen und Juden nach dem Krieg in Czernowitz bzw. in Siebenbürgen von Interesse. Die Erfahrungen von Nichtjuden als kultureller und ethnischer Gemeinschaft unter existentiell-katastrophalen Bedingungen schärfen den Blick für die Dimension des Menschheitsverbrechens, ohne zu relativieren.