Familie – Gedächtnis – Gender
Der zeitgenössische türkisch- und deutschsprachige Familien- und Generationenroman am Beispiel von Orhan Pamuk und Dieter Forte
Vatan Lale
Der Familien- und Generationenroman ist ein zentrales Genre der deutschen und türkischen Gegenwartsliteratur und ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Erinnerungspflege und -arbeit. Die Studie rückt den Entstehungszusammenhang von Erinnerung, Geschlecht und Familie in den Mittelpunkt. Sie macht dazu sichtbar, mit welchen spezifischen Erinnerungsformen die kulturellen Übertragungen zwischen Familienmitgliedern und -generationen erfolgen und erinnert daran, dass gesellschaftliche Normen, Traditionen, kulturellen Überlieferungen und familiäre Werte nicht außerhalb der kulturellen und kollektiven Gedächtnisformen zu denken sind.
Anhand von Werken Orhan Pamuks und Dieter Fortes untersucht die vorliegende Studie die in diesem Genre vorgenommenen Modellierungen der Trias Familie – Gedächtnis – Gender. Aus komparatistischer Perspektive spitzt sie die Frage nach rezenten Entwicklungen des Genres zu, das zunehmend im Zeichen transkulturellen europäischen Austausches steht. Akte des Schreibens, erinnerungsbeladene Räume und Gegenstände sowie ihre Organisation und Koordination in Sammlungen, Museen und Archiven sind die Brennpunkte, in denen die narrative und geschlechterspezifische Konstruktion von Familien und die Transformationen von individuellen zu kollektiven Gedächtnisformen analysierbar wird.