Feministischer Journalismus
Melina Seiler
Als Journalistin und Feministin nehme ich zwei verschiedene Rollen ein: die als Journalistin und die als Aktivistin. Mir ist dabei aufgefallen, dass diese zwei Aspekte scheinbar manchmal nicht zusammenpassen. Auf der einen Seite lernen Nachwuchsjournalist*innen in ihrer Ausbildung nach wie vor das Ideal vom möglichst objektiven Journalismus bzw. von Journalist*innen als neutrale Vermittler*innen. Aber auf der anderen Seite sind in den letzten Jahren immer mehr journalistische Medien entstanden, die sich an ein junges Publikum richten und feministisch positionieren. Zudem labeln sich immer mehr Journalist*innen öffentlich z.B. auf Instagram oder Twitter als Feminist*in.
Deshalb habe ich mich gefragt, inwieweit es einen Rollenkonflikt gibt oder nicht und inwiefern es vielleicht sogar nötig ist, von der neutralen Vermittler*innenrolle abzuweichen. Die Forschungsfrage, die sich für mich daraus ergabt, ist: Nehmen Journalist*innen, die sich als Feminist*innen verstehen, einen beruflichen Rollenkonflikt aufgrund ihres feministischen Anspruchs wahr?
Die Aufarbeitung des Forschungsstandes im Bereich der journalistischen Berufsrollen zeigte mir, dass es keine Eindeutigkeit und einheitlich Ansicht darüber gibt, welche Rolle der Anspruch nach Objektivität und Neutralität im Journalismus haben sollte und darf und inwieweit sich feministisch-aktivistische und journalistische Rollen überschneiden dürfen.
Ich habe für diese Masterarbeit 20 Journalist*innen, die sich als Feminist*innen bezeichnen, interviewt und ihre Antworten ausgewertet. Ich wollte herausfinden, wie sie auf ihre journalistische Berufsrolle schauen und wie die angesprochenen Widersprüchlichkeiten sich darauf und ihren beruflichen Alltag auswirken. Ihre Antworten weisen auf die Entwicklung hin, dass gesellschaftliche Machtverhältnisse auch branchenintern zunehmend auf den Prüfstand gestellt werden, um die Vielfalt der Gesellschaft auch im Journalismus abzubilden und diskriminierungssensibel zu Arbeiten.