Fräulein M. Ord
Tot in allen Lebenslagen
Johannes O. Jakobi
Die ewige Frage, die es in diesen Kriminalerzählungen zu beantworten gilt, lautet: Wer ist wichtiger, der Mörder oder sein Opfer? Für den Juristen ist die Antwort eindeutig. Natürlich ist es der Mörder, denn mit diesem hat man es ja live vor Gericht zu tun. So ein Mörder ist ungleich interessanter als sein Opfer, weil neben der Schwere der blutigen Tat gerade seine Beweggründe von besonderer Wichtigkeit für die Festsetzung des Strafmaßes sind. Mit derlei langweiligen Überlegungen geben sich die Geschichten in „FRL. M. ORD“ indes nicht ab, weil für sie das Opfer im Vordergrund steht. Der Leser trifft auf Menschen mit den unterschiedlichsten Vorlieben und Abneigungen, die ihnen selbst oder anderen zum Verhängnis werden.
Genau damit und vor allem mit den Folgen beschäftigt sich eine ehemalige Vorsitzende Richterin, die nach ihrer Pensionierung die Seiten gewechselt hat. ENDSTATION SENIORENRESIDENZ behandelt dieses Thema kurz und schmerzvoll.
Auch der Selbstmord ist ein Mord. Nur, dass hier Täter und Opfer ein und dieselbe Person sind. Ist es für den Außenstehenden überhaupt möglich, eine derartige Konstellation zu verstehen? Was heißt es, wenn man sich IM GRIFF DES KONJUNKTIVS befindet?
Darf man als Studentin sein Bafög erotisch aufbessern? Insbesondere, wenn man auf der Schattenseite des Lebens steht? VORSPIEL ZUM UNTERGANG öffnet menschliche Hintergründe, die mehr als überraschen.
Bei der Motivlage des Täters tun sich nicht selten tiefe Abgründe auf. Was treibt einen Gefängnisdirektor dazu, einen wildfremden Menschen in seine Gewalt bringen zu wollen? TÖTET DEN MANN AM KLAVIER fordert auf, dass man diesen ausschalten und umerziehen will.
Was aber ist, wenn für ein psychisch geschädigtes Opfer ganz neue Wege beschritten werden, um es zu heilen? Wo liegt da der therapeutische Nutzen? Liegt er AUF MEINER THERAPEUTIN oder unter ihr?
Hilft es den Frauen, die unter dem Mann seit der Erschaffung der Menschenwelt gelitten haben, wenn sie ihn nun für alle Zeit bestrafen wollen? Etwa dadurch, dass man dessen Selbstbewusstsein durch eine symbolische Kastration zerstört? Was genau treiben die sieben Potenzbeschwörerinnen in MAGISCHES VIAGRA?
Ist FRÄULEIN M. ORD nur frivol oder sogar geldgierige Täterin? Warum lässt sie sich auf ein riskantes Abenteuer ein, wo sie doch wissen müsste, wie folgenschwer so etwas enden kann? Und warum verstehen biedere Ehefrauen in derlei Dingen absolut keinen Spaß?