Für wie wahr dürfen wir unsere Wahrnehmungen nehmen?
Heinz Penzlin
Wahrnehmung ist etwas für uns Alltägliches. Wir erleben sie im Wachzustand unablässig. Sie geht zwar von sensorischen Phänomenen aus, ist an Umweltreize gebunden, erschöpft sich aber nicht in ihnen. Sie ist mehr als bloße Empfindung, mehr als die Summe der einzelnen Reize, denn sie schließt selektive, integrative, konstruktive und kreative Komponenten ein, die uns ein organisiertes Wahrnehmungsresultat liefern. Sie ist somit die ursprünglichste Form von Erkenntnis, die in ihrer Verbreitung nicht auf den Menschen beschränkt ist. Die Wahrnehmungen werden in komplexer Weise aus verschiedenen Quellen gespeist. Dabei spielen kognitive Prozesse wie Denken und Erinnern, die individuell erworben werden müssen oder aber in Form angeborener, genetischer Denkstrukturen und Lerndispositionen bereits mehr oder weniger fertig vorliegen, eine wesentliche Rolle…