Fundamentale Gebote der Sittlichkeit
Der 'Euthanasie'-Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947
Boris Böhm, Gerald Hacke
In den Jahren 1940 und 1941 wurden von den Nationalsozialisten in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein fast 14 000 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen vergast. Nach Abbruch der zentral organisierten Patientenmorde setzte sich das Töten in verschiedenen psychiatrischen Anstalten, so auch in Großschweidnitz, fort. Hier starben tausende Patienten durch systematischen Nahrungsentzug und überdosiert verabreichte Medikamente. Zwei Jahre nach Kriegsende kam es vom 16. Juni bis 7. Juli 1947 im Landgerichtsgebäude am Münchner Platz in Dresden zum Prozess gegen 15 Beteiligte der Krankenmorde in Sachsen. Das als Dresdner ‚Euthanasie‘-Prozess bezeichnete Verfahren war das bedeutendste seiner Art in Ostdeutschland. Der vorliegende Sammelband behandelt den Prozess aus unterschiedlichen Perspektiven. Er untersucht die Bemühungen des Landgerichts Dresden, das tausendfache Morden, unter Anwendung rechtsstaatlicher Mittel zu sühnen. Auch wird dieser Prozess in den Kontext der allgemeinen politischen Entwicklung sowie der Aufarbeitung von NS-Verbrechen in Ost- und in Westdeutschland gestellt.