Gabriele Wietrowetz – ein „weiblicher Joachim“ ?
Ein Beitrag zur Künstlerinnensozialgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Yuki Melchert
Eugène Ysaÿe! Pablo de Sarasate! Gabriele …? Gabriele …? Wer?
Dass es neben diesen berühmten Musikern auch Frauen gab, die weltweit mit ihrem Können auf der Violine das Publikum begeisterten und das Musikleben entscheidend mitgestalteten, ist heute kaum noch jemandem bewusst, von konkreten Namen ganz zu schweigen.
Gabriele Wietrowetz (1866-1937), Schülerin Joseph Joachims, war eine der bekanntesten Violinistinnen ihrer Zeit. Als erste Frau überhaupt lehrte sie an der Königlichen akademischen Hochschule für Musik (heute: Universität der Künste) in Berlin Geigenspiel. Neben ihren europaweiten Solotourneen gründete sie ein Frauenstreichquartett, das über ein Jahrzehnt bestand. Bei ihren vielfältigen musikalischen Tätigkeiten stieß Gabriele Wietrowetz in einer von Männern dominierten Disziplin jedoch fortwährend auf geschlechtsspezifische Barrieren, die sie mit Können und Geschick sowie mit Rat und Hilfe anderer Musiker_innen meist überwinden konnte. Ihre individuelle Lebens- und Berufsgeschichte trägt zur Wiederentdeckung und zum Verständnis der Welt der Geigerinnen um die Jahrhundertwende bei.