Gedächtnisraum Schlesien in der deutschen Kinder- und Jugendliteratur
Edward Bialek, Dorota Michułka, Justyna Radlowska
Mit all seinen geschichtsträchtigen Städten, Dörfern, Bergen und Flüssen ist Schlesien – wenigstens seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges – eine der wichtigsten Regionen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Gedächtnisraum Schlesien in der deutschen Kinder- und Jugendliteratur zeigt, wie diese verlorene Provinz in hauptsächlich für junge Leser bestimmten literarischen Texten der im alten Schlesien geborenen Autor*innen wiedergewonnen wird. Viele Werke, die hier untersucht werden, vertreten eine in der deutschen Literatur jahrzehntelang präsente Tendenz zur kritischen und dabei jugendgemäßen Auseinandersetzung mit dem Verlust der Heimat, mit dessen Ursachen und Folgen. In zahlreichen Texten der ehemaligen Flüchtlinge wird Schlesien zu einem Mythos, zu einer untergegangenen Kulturinsel erhoben. In vielen Fällen wurde die Erinnerung an Orte der Herkunft zum entscheidenden Auslöser des schöpferischen Tuns, vor allem dann, wenn der Abschied von der Heimat gewaltsam herbeigeführt worden war.
Viele Autor*innen aus Schlesien, etwa die im niederschlesischen Röhrsdorf geborene Leonie Ossowski, die in Hindenburg aufgewachsenen Werner Heiduczek und Janosch, die Gleiwitzer Horst Bienek und Wolfgang Bittner, die in Frankenstein geborene Pionierin des modernen deutsch-polnischen Dialogs Ursula Höntsch sowie die in Breslau geborene und in der Grafschaft Glatz aufgewachsene Monika Taubitz, haben mit ihren autobiographisch angelegten Romanen und Erzählungen wie auch mit ihrer Lyrik nicht nur zur neueren deutschen Erinnerungsliteratur Wesentliches beigetragen, sondern auch dem deutsch-polnischen Versöhnungsprozess eine neue Dimension verliehen. Analysen ausgewählter Texte von Jörg Breuer, Christoph Hein, Mira Lobe, Gudrun Pausewang, Will-Erich Peuckert, Otfried Preußler, Else Ury, Stefanie Zweig und anderen runden den Band ab.