Gedancken von dem Einfluße der göttlichen Vorsehung in die freyen Handlungen der Menschen
Alexander Aichele, Georg Friedrich Meier
Bereits in der deutschen Aufklärung, zumal in Halle, stritten sich Deterministen, Kompatibilisten und Libertarier um die menschliche Willensfreiheit. Der orthodoxe Wolffianismus nahm dabei auf der Basis einer durchaus bezweifelbaren und recht schlichten Leibniz-Interpretation eine Position ein, die man heutzutage wohl ‚kompatibilistisch‘ nennen würde. Sie lässt sich vereinfacht so formulieren: Zwar können wir wissen, dass wir zu den Handlungen, die wir vollziehen, determiniert sind, aber wir können nicht im Voraus wissen, welche Handlungen das sind. Deswegen bleibt uns gar nichts anderes übrig, als so zu ‚entscheiden‘ und zu ‚handeln‘, als wären wir nicht determiniert, sondern frei. Diese Art von epistemischem Kompatibilismus (avant la lettre) versucht Georg Friedrich Meier (1718–1777) in seinen „Gedancken von dem Einfluße der göttlichen Vorsehung in die freyen Handlungen der Menschen“ zu begründen. Dabei zeigt sich allerdings vor allem der prinzipielle Determinismus dieses Modells.****************During the German Enlightenment, especially in Halle, determinists, compatibilists and libertarians were already arguing about human free will. Orthodox Wolffians took a position, based on a highly tenuous and very simple interpretation of Leibniz, which we would define today as ‘compatibilist’. It can be formulated in simple terms as follows: we may be able to know that we are determined to the actions that we perform, but we cannot know in advance what those actions are. Therefore nothing remains for us but to ‘decide’ and ‘act’ as if we were not determined but free. In his „Gedancken von dem Einfluße der göttlichen Vorsehung in die freyen Handlungen der Menschen“, Georg Friedrich Meier (1718–1777) attempts to justify this form of epistemic compatibalism (avant la lettre), yet demonstrates above all the principle of determinism of this model.