Gefährtinnen der Verbannung
Die Frauen der Dekabristen des Jahres 1825
Joachim Winsmann
Es war eine der Sensationen des Jahres 1826, als sich Frauen der höchsten Gesellschaft der Russischen Reiches entschieden, ihren Männern in die Verbannung nach Sibirien zu folgen, wo jene viele Jahre Zwangsarbeit zu verrichten hatten – unter ihnen bekannte Helden der Jahre 1812-1814. Was sie taten, war bis dahin undenkbar. Sie gaben ein Leben in Luxus auf, um gescheiterten Verschwörern, die angetreten waren, das Land von den Fesseln der Monarchie zu befreien, in deren Leidensweg zu begleiten. Sie waren weit von künftigen Ideologien entfernt und handelten getreu ihres vor Gott gegebenen Treueschwures, dem entsprechend sie ihrem Mann in guten wie in schlechten Tagen beizustehen haben. Damit gaben sie ein Beispiel dafür, wie weit man aus Liebe zu einem anderen Menschen zu gehen bereit ist. Zeitgenossen aller Art waren stark beeindruckt, wenn sie diesen Frauen begegneten. Einige gaben dabei auch ihr Leben. Nur wenige kehrten aus Sibirien zurück. Ihr Schicksal ist ein Hohelied auf die Liebe. Zum Glück haben sich in den Familienarchiven einige Briefe aus jener Zeit erhalten, über die wir auch nach 200 Jahren ein wenig vom Schicksal jener Frauen und ihren Männern erfahren. Ich habe aus der Fülle der Nachlässe einige Briefe ausgewählt, sie ins Deutsche übertragen und hoffe, daß die Schicksale jener Menschen aus der Zeit, da sich in Europa die ersten demokratischen Strukturen bildeten, ähnlich nahe gehen wie mir. J.Winsmann