Geistliche Spiele im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
Von der liturgischen Feier zum Schauspiel Eine Einführung
Ursula Schulze
Die geistlichen Spiele gelten neben der Predigt als das größte Massenmedium des späten Mittelalters. Ausgehend von gottesdienstlichen Feiern in lateinischer Sprache zu bestimmten Festtagen sind Szenen aus dem Leben Jesu volkssprachig theatral veranschaulicht und vergegenwärtigt worden. Die Aufführungen vermittelten den Zuschauern einen visuellen, mentalen und emotionalen Zugang zu dem biblischen Geschehen und prägten Essentials des christlichen Glaubens ein.
Die vorliegende Einführung bietet eine grundlegende Darstellung zur Geschichte der deutschsprachigen Geistlichen Spiele, zu den inhaltlichen und strukturellen Erscheinungsformen sowie zu ihrer Funktion im Zusammenhang der Frömmigkeitspraxis und des gesellschaftlichen Lebens. Sie informiert über die Konstitution der multimedialen Gattung, über Veranstalter, Aufführungs- und Wirkungsmöglichkeiten. Entsprechend einem Paradigmenwechsel der Spielforschung in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts richtet sich das Erkenntnisinteresse über die literale Dimension der Texte hinaus auch auf die performativen Potenzen: Die Inszenierung der dargestellten Geschichten durch lebende Bilder und deren Wirkungskraft rücken in den Blick.