Gelübde als Bekenntnis
Eine Studie zu den Gelübden im Alten Testament
Hubert Tita
Sind die biblischen (und altorientalischen) Gelübde ausschließlich bedingte Gelübde, d. h. durch verschiedenste Notsituationen veranlasste, an die Gottheit gerichtete Bitten, die für den Fall der Erhörung Gegenleistungen (z. B. Opfergaben) versprechen? Diese Studie analysiert die biblischen Gelübdetexte in Erzählungen, Psalmen, Propheten und in der Weisheitsliteratur. Die Gelübde im Alten Testament sind tatsächlich in den meisten Fällen eine Form von Bittgebeten (z. B. 1Sam 1; Ps 66,13f.). Mit ihrer Bitte verknüpfen die Gelobenden Versprechen, durch die sie sich JHWH gegenüber zur Danksagung verpflichten (z. B. Ps 116,12). Die Ehrung JHWHs nach überstandener Not darf nicht unterbleiben. Dank und Lob wird JHWH auch in Form von unbedingten Gelübden, ohne Veranlassung einer Not, gelobt (Jona 1,16; Jes 19,21; Ps 76,12). Solches Gotteslob geschieht vor versammelter Gemeinschaft im Heiligtum in Form von Bekenntnissen und Gemeinschaftsmählern (Ps. 22,23 ff.: »tôdâ-Gelübde«). Daher spielen Gelübde ihre eigentliche Rolle nicht, wie oft behauptet, in der »Privatfrömmigkeit«, sondern im Kult. Hier entfalten Gelübdefeiern ihre vitale ekklesiale Bedeutung: Sie stiften in Dank und Lob geeinte und universal geöffnete Gemeinschaften des Volkes Gottes (Ps 22; 65; 66).