Gewaltstrategien: Codierung und Inszenierung von Gewalt im vorreformatorischen Nürnberger Fastnachtspiel
Alexandra Weis-Diel
In zahlreichen Fastnachtspielen von Hans Rosenplüt und Hans Folz ist Gewalt enorm frequent – das breite Repertoire reicht von Wortdelikten über physische und sexuelle Gewalt bis hin zu massivem, gewalttätig agierendem Fremdenhass. Auf der Basis eines Gewaltbegriffs, der gleichermaßen die Auseinandersetzung mit aktuellen soziologischen Gewalttheorien wie diesoziohistorische Dimension, das vormoderne Verständnis von Gewalt und seine juristische Verankerung im städtischen Leben des 15. Jahrhunderts, umfasst, identifiziert die Dissertation solche Gewaltmomente im vorreformatorischen Nürnberger Fastnachtspiel und stellt die Frage ins Zentrum, welche Wirkung durch sie erzielt und welche Funktion durch sie verfolgtwird. So eröffnet sich ein neuer Blick auf die Gattung; gleichzeitig bindet die Aktualität der Gewaltthematik die Untersuchung an einen postmodernen gesellschaftlichen Kontext: Anhand des Nachvollzugs der Gewalterfahrungen von Opfer- und Täterfiguren in den Fastnachtspielen, des Rachebedürfnisses, des Gefühls von Erniedrigung und Demütigung, desVerlusts von Identität und innerer Heimat werden Kausalitäten und Funktionsmechanismen spätmittelalterlicher Gewaltstrategien reflektiert, Lösungsmodelle in der Mentalität des 15. Jahrhunderts konfrontieren den heutigen Leser mit der zeitlosen Omnipräsenz von Gewalt.