Gotteskrieger von Theisen,  Maria

Gotteskrieger

Der Kampf um den rechten Glauben rund um Wien im 15. Jahrhundert

Religiöser Fundamentalismus ist kein Phänomen der Gegenwart. Durch die Jahrhunderte sind immer wieder heftige Kämpfe um den Glauben entbrannt. So auch im Spätmittelalter, als zwei Päpste den Führungsanspruch der katholischen Kirche erhoben und sich die Rufe nach Reform häuften. In ganz Europa führten Theologen heiße Debatten, entwarfen Pröpste und Äbte Klosterreformen und formierten sich an der Basis neue religiöse Gruppierungen.
In Prag prangerte Jan Hus die Verweltlichung der Kirche an und rief zur wahren Nachfolge Christi auf, worin er zahlreiche Anhänger fand, auch in Wien. Nach seiner Hinrichtung verwüsteten Hussiten Kirchen und Klöster in der Überzeugung, dass Bauwerke und Kunst- schätze die weltliche Macht und nicht Gott repräsentierten. Papst- treue Katholiken versuchten aus Böhmen nach Mähren und weiter nach Österreich zu fliehen. Zur selben Zeit ließ der österreichische Herzog Albrecht alle Wiener Juden ermorden, die nicht zum Chris- tentum konvertieren wollten. Bald darauf zog er an der Seite des Kaisers gegen die Hussiten, die sich Zug um Zug Wien und Kloster- neuburg näherten, 1428 nahmen sie Nussdorf unter Beschuss.
Aus der Distanz betrachtet waren die umfochtenen Glaubens-
grundsätze nicht sehr unterschiedlich und es ist heute schwer vorstellbar, dass dafür Leute sterben mussten. Für die Zeitgenos- sen aber ging es um existentielle Lebenskonzepte und ihr Ver- hältnis zu Gott – oder vielleicht doch um Macht und Einfluss?

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