Goyas Caprichos in handkolorierten Radierungen aus dem 19. Jahrhundert
Edition, Analyse, Deutung
Helmut C Jacobs, Nina Preyer
Eines der bedeutendsten Werke des spanischen Malers Francisco de Goya (1746–1828) sind die 1799 erschienenen ,Caprichos‘, 80 sozialkritische Radierungen. Zu diesen vieldeutigen Druckgraphiken sind schon zu Goyas Lebzeiten nicht nur zahlreiche handschriftliche Kommentare entstanden, aus denen sich unterschiedlichste Deutungen herauslesen lassen, sondern es sind auch etliche Sets handkoloriert worden, die ein weiteres Zeugnis der frühen Rezeption der ,Caprichos‘ in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts darstellen. Es konnten vier Exemplare mit insgesamt 320 handkolorierten Blättern ausfindig gemacht werden, die hier erstmals editiert und systematisch analysiert werden. Durch die Arbeit der vier unbekannten Koloristen werden Goyas Radierungen nicht nur verändert, sondern in der jeweiligen Farbgestaltung wird auch immer eine bestimmte individuelle Interpretation der ,Caprichos‘ zum Ausdruck gebracht. Während in manchen Kolorierungen Lesarten der handschriftlichen Kommentierungen aufgegriffen werden, bieten andere handkolorierte Blätter Lesarten, die über die bisher bekannten Interpretationen hinausgehen. So eröffnet die Edition ganz neue, bisher unbekannte Einblicke in eine ästhetisch ansprechende und beeindruckend farbenprächtige frühe Form der Rezeption der ,Caprichos‘.