Grenzüberschreitungen: Energie, Wunder und Gesetze
Das Okkulte als Weltanschauung und seine Manifestationen im Werk Arthur Schnitzlers
Gerd K Schneider
Die in diesem Buch behandelte Zeit ist der Übergang des 19. zum 20. Jahrhundert, eine Zeit, in der Energie eine zentrale Rolle spielt, nicht nur in der Physik, sondern auch in der Psychologie und der Metaphysik. Im Mittelpunkt steht hier der Begriff einer kosmischen Energie, von vielen als Urkraft bezeichnet. Auch Arthur Schnitzler bezieht sich in seiner Parabel „Die dreifache Warnung“ auf diese Urkraft, und wir finden ihr Wirken in vielen Dichtungen dieses österreichischen Dichters. Die Betonung eines Energieprinzips liefert auch die Erklärung für eine erneute Hinwendung zum Okkultismus, der sich jedoch von dem religiös orientierten Okkultismus der Vergangenheit darin unterscheidet, dass er jetzt als ein naturwissenschaftliches Gesetz verstanden werden will. Schnitzler wurde von der okkulten Welle erfasst, und von besonderer Wichtigkeit ist hier sein Verhältnis zu Arthur Kaufmann, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Das Hauptthema dieser vorliegenden Arbeit ist allerdings nicht eine Untersuchung, ob und inwiefern Schnitzler Okkultist gewesen ist, sondern wie Schnitzler diese „mit dem Wunderbaren liebäugelnden Produkte“ (Freud) in sein Werk eingebaut hat. Er benutzt Zahlenmystik, Begriffe aus der Geometrie und musikalische Hinweise, um dadurch Zweifel an der Bestimmbarkeit unserer Welt zu zeigen. Schnitzler versteht die Welt als ein kosmisches Ganzes, in der die Begrenzung von Raum und Zeit durchlässig ist, eine Welt in der der Mensch, wie bei Kant, transzendentale Erfahrungen erleben kann.