Großbronzen aus Herculaneum und Pompeji
Statuen und Büsten von Herrschern und Bürgern
Edilberto Formigli, Götz Lahusen
Die meisten der in den Vesuvstädten ausgegrabenen neun überlebensgroßen Bildnisstatuen (darunter die der römischen Kaiser und Kaiserinnen Augustus, Tiberius, Claudius, Livia, Agrippina minor und Antonia minor) wurden bei dem Vesuvausbruch im Jahr 79 n. Chr. durch den gewaltigen Druck der Lavamassen in viele Teile zertrümmert. Diese einmalige Gruppe von Großbronzen wurde bald nach ihrer Auffindung, noch im 18. Jahrhundert, in der königlichen Gießerei in Portici bei Neapel umfassend restauriert. Die aufwendigen Maßnahmen, bei denen die Restauratoren zahlreiche, gelegentlich weiträumige Ergänzungen zufügten, wurden durch einen einheitlichen dunklen Farbüberzug (künstliche Patina) der Bronzen sorgfältig vertuscht. Bis heute konnte deshalb nicht geklärt werden, welche Teile der Bronzewerke antik, und welche als neuzeitliche Kopien einzuschätzen sind.
Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten dreijährigen Projektes haben die Autoren diesen einzigartigen und einheitlichen Komplex von Großbronzen sowie die dreizehn in Pompeji gefundenen bronzenen Bildnisbüsten im Museo Archeologico Nazionale in Neapel unter Anwendung technischer, kunsthistorischer und archäometrischer Methoden untersucht und umfassend dokumentiert, um diese Gruppe von Bildnissen der Wissenschaft zugänglich zu machen. Neben einer aufwendigen photographischen Dokumentation wurden zahlreiche Rekonstruktionszeichnungen angefertigt und Proben von den Bronzelegierungen und der antiken und neuzeitlichen Patina für chemische Analysen entnommen. Diese systematische Dokumentation der bronzenen Statuen und Büsten aus Herculaneum und Pompeji schließt eine empfindliche Lücke der römischen Kunstgeschichte, insbesondere aber auch der Geschichte der antiken Großbronzen und der neuzeitlichen Restaurierungstechniken.