Grundfreiheiten und nationale Gestaltungsspielräume
Eine Analyse der Rechtsprechung des EuGH
Julia Kirschner
Die Grundfreiheiten bilden einen bedeutenden Teil der europäischen Wirtschaftsverfassung. Mit ihrer Hilfe können die Marktakteure Mobilitätshindernisse zwischen den Mitgliedstaaten überwinden. Wie wirksam sie in der Praxis sind, richtet sich entscheidend danach, wie „dicht“ der EuGH die Einhaltung ihrer Gewährleistungsinhalte überprüft. Bislang war er dafür bekannt, eher integrationsfreundliche Auslegungen zu Lasten der Mitgliedstaaten vorzunehmen, um damit den ‚effet utile‘ der unionsrechtlichen Vorschriften zu maximieren. Die Überlassung nationaler Gestaltungsspielräume hinsichtlich der Beschränkung der Grundfreiheiten in bestimmten Politikfeldern wie etwa dem Gesundheitsschutz spiegelt eine bedeutsame gegenläufige Tendenz in der neueren Rechtsprechung des EuGH wider. Die Autorin untersucht die Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung und analysiert, welcher rechtstechnischen und inhaltlichen Systematik die auf den ersten Blick eklektizistisch anmutenden Urteile folgen. Des Weiteren ermittelt und bewertet sie integrationspolitische Gründe für das Wechselspiel zwischen „judicial activism“ und „judicial restraint“.