Gut gefälscht.
Zitatfälschung als Normalfall beim Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL und für den Landtag von Baden-Württemberg.
Christoph Bultmann
Wenn in einem Artikel im SPIEGEL eine Zitatfälschung publiziert wird, ohne dass umgehend eine Richtigstellung erfolgt, dann zeigt sich ein Problem presseethischer Standards. Wenn in einem Bericht eines Landesamts für Verfassungsschutz eine Zitatfälschung verwendet wird, um einen „tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine grundgesetzwidrige Position zu konstruieren, dann zeigt sich ein Problem grundrechtlicher Standards. Wenn die Chefredaktion des Nachrichtenmagazins und die Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg eine Zitatfälschung als Normalfall betrachten, dann sollte eine Diskussion über demokratische Spielregeln angestoßen werden. Genau das ist das Ziel dieses Bandes.
Die umstrittene Zitatfälschung bezieht sich auf eine Videobotschaft des muslimischen Denkers und Predigers Fethullah Gülen, der in der Türkei und international ein bemerkenswertes Engagement für Bildung und Verständigung im Lichte von Religion und Menschenrechten entfaltet hat. Die Videobotschaft aus dem Oktober 2011 war der Frage von Gewalt und Gewaltlosigkeit in den Kurdenkonflikten der Türkei gewidmet und war in vielen Kreisen auf Kritik gestoßen. Der vorliegende Band behandelt jedoch weder das Thema der Kurdenpolitik, noch das – im Parteiprogramm der AKP zu findende – Thema des Despotismus, sondern ist auf die deutsche Karriere eines gut gefälschten Zitats fokussiert.