Hauptfälligkeitsstorno in der Kraftfahrtversicherung
Zeitdiskrete Hazardraten-Modelle mit linkstrunkierten Daten
Stefan Pohl
Im deutschen Versicherungsmarkt hat sich das Wettbewerbsumfeld seit der Deregulierung 1994 gravierend verändert. In der Kraftfahrthaftpflichtversicherung liegt nahezu eine Marktsättigung vor, die zu einem zunehmenden Verdrängungswettbewerb führt, da neue Kunden fast nur noch von einem Wettbewerber gewonnen werden können. Für Kraftfahrtversicherer wird es daher zunehmend wichtiger, einerseits wertvolle aktive Kunden langfristig an sich zu binden und andererseits die Beziehung zu wertvollen stornogefährdeten Kunden durch gezielte Marketingmaßnahmen wieder zu stabilisieren.
In dieser Arbeit wird daher das Stornoverhalten von Hauptfälligkeitswechslern untersucht. Dabei soll herausgefunden werden, warum einige Kunden wechseln und andere nicht, und wodurch deren Vertragslaufzeit beeinflusst wird. Außerdem soll erforscht werden, wie Abhängigkeiten, die sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Natur sein können, zwischen einzelnen Kraftfahrtversicherungsverträgen mittels zufälliger Effekte erfasst werden können. Wenn diese Fragen überzeugend beantwortet werden können, sind Kraftfahrtversicherer in der Lage, gezielte Maßnahmen sowohl bei der Neukundengewinnung („Angriff“) als auch bei der Kundenbindung und Stornoprävention („Verteidigung“) zum Jahreswechsel einzuleiten.
Die Stornierung eines Versicherungsvertrages in der Kraftfahrtversicherung kann als schleichender Prozess aufgefasst werden. Zur Abbildung von zeitdiskreten Prozessen mittels statistischer Modelle eignen sich zeitdiskrete Hazardraten-Modelle, die es ermöglichen, den Verlauf des Versicherungsvertrags über dessen gesamte Laufzeit abzubilden, indem sie die Verweildauer des Vertrags im Bestand modellieren. Damit gehen sie über die stichtagsbezogene Betrachtung hinaus. Es gibt bislang nur wenige Arbeiten, die Hazardraten-Modelle im Rahmen von Stornoanalysen bei Versicherern verwenden.