Heinrich Vogeler und der Expressionismus
Weltanschauung, Kunst, Politik
Bernd Stenzig
Während der Begriff Expressionismus in der Kunst eine Strömung bezeichnet, die man auf den Zeitraum von etwa 1905 bis 1925 begrenzt, muss HeinrichVogeler noch in den 1930er Jahren in der Sowjetunion erkennen, dass er mit seiner Simultanmalerei – den in diesem Buch vollständig wiedergegebenen Komplexbildern – »an expressionistischen Formen
hängengeblieben« ist.
In der Tat ist die Form dieser Darstellungen ein Überbleibsel seines Expressionismus der Nachkriegsjahre. Vogelers Glaube war aber gewesen, mit seinen aus vielen realistischen Szenen aufgebauten Komplexbildern eine ganz neue, aus den sozialistischen Realitäten sich ergebende Bildsprache gefunden zu haben.
Seinen Anspruch, quasi im Alleingang das Epochenproblem Sowjetkunst gelöst zu haben, hat er nach einigem Zögern auch öffentlich vertreten angesichts einer Sowjetkunst, die sich in die Sackgasse bürgerlich-realistischer Kunsttechniken des 19. Jahrhunderts verirrt.
Dieses Buch beginnt dort, wo Vogeler sich gezwungen sieht, sozusagen gegen den Rest der Welt Einspruch zu erheben – bei seinem Friedensappell an den deutschenKaiser im Januar 1918. Ein reich bebildertes Buch über den Lebensweg und die Kunst des Heinrich Vogeler nach seinem Abschied vom Bürgertum.