Helmut Schelsky – Wider die Wirklichkeitsverweigerung
Leben, Werk, Aktualität
Volker Kempf
Helmut Schelsky (1912-1984) war einer der einflussreichsten und vielseitigsten Soziologen und Denker der ersten beiden Jahrzehnte der westdeutschen Nachkriegszeit. ‚Die skeptische Generation‘ und ‚die nivellierte Mittelstandsgesellschaft‘ sind in den allgemeinen Sprachwortschatz eingegangen, die Gründung der Reformuniversität Bielefeld ist eng mit seinem Namen verbunden. Schelskys kritische Analysen des ‚Marsches durch die Institutionen‘ prägten die Debatten in Wissenschaft und Öffentlichkeit, die er in den letzten Jahren seines Schaffens stark polarisierte.
Zum Kulminationspunkt der Auseinandersetzung wurde Schelskys letzter Bestseller ‚Die Arbeit tun die anderen‘, in dem die heute Political Correctness genannte ‚Sprachherrschaft‘ im Zentrum steht. Mit dem Untertitel ‚Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen‘ wirft der Soziologe den
vorgeblich herrschaftsfreien Diskutanten vor, in einer Tradition mit den scheinheiligen biblischen Pharisäern zu stehen, womit er nahezu in die Rolle des ‚Anti-Soziologen‘ geriet.
Schelsky schrieb wider die Wirklichkeitsverweigerung der Achtundsechziger- Generation an und wurde zu einem der bedeutendsten Gegenspieler der Frankfurter Schule.
Helmut Schelskys Gedanken sind auch heute noch aktuell, insbesondere seine Überlegungen im Hinblick auf die Zukunft des Rechtsstaates. Als unverzichtbar für dessen Existenz betrachtete er die Bewahrung des wichtigsten Erbes unserer christlich-abendländischen Kultur: Nämlich die personale Freiheit als tragende Leitidee in Soziologie und Politik.