Homo Oeconomicus und Menschenbild
Form und Wesen einer beachtenswerten Spannung
Klaus-Jürgen Kerscher
Wohl kein anderes Konzept wird derzeit so heftig diskutiert und so offen in Frage gestellt wie das des rationalen und eigeninteressierten Akteurs: Homo Oeconomicus. Dieses Buch lässt seine Befürworter und Kritiker gleichermaßen zu Wort kommen. Es sortiert ihre Argumente und zeigt, dass ihr Konflikt letztlich unvermeidlich ist, insofern jede einzelwissenschaftliche Beschreibung des Menschen, sei diese nun physikalischer, medizinischer oder eben ökonomischer Art, zwangsläufig reduzierenden Charakter haben muss. Die Gefahr der damit einhergehenden ‚Verkürzung‘ des Menschen auf das, was im Lichte seiner ökonomischen Beschreibung von ihm übrig bleibt, ein bloßer ‚Homo Oeconomicus‘, wird dadurch ebenso erkennbar wie die bemerkenswerte Chance, welche dieses Konzept gleichwohl bietet: Paradoxerweise ist es nämlich gerade ein sinnvoll interpretierter Homo Oeconomicus, der es ermöglicht, jene gesellschaftlichen Phänomene und Prozesse als deren Urheber sich der Mensch zwar selbst begreift, deren Bewältigung er aber als Einzelner häufig machtlos gegenübersteht – von der Logik internationaler Märkte bis hin zu Schuldenkrise oder Klimawandel – nachvollziehbar zu erklären und mittels rationaler Argumente der kollektiven Gestaltung zugänglich zu machen.