Humanismus und Geschichtsschreibung am Mittelrhein
Das "Chronicon urbis et ecclesiae Maguntinensis" des Hermannus Piscator OSB
Uta Goerlitz
Im Vergleich zu anderen ‚humanistischen Landschaften‘ Deutschlands blieb der Humanismus im Gebiet des historischen Mittelrheins in manchen Feldern der Forschung lange vernachlässigt. Im besonderen trifft dies auf den monastischen Bereich zu, dessen verstärkte Beachtung in seiner Gesamtheit nicht zuletzt P.O. Kristeller mit Nachdruck für die Humanismusforschung gefordert hat. Durch die Wiederauffindung der verlorengeglaubten, hier erstmals vorgestellten Chronik des Mainzer Benediktinerhumanisten Hermannus Piscator ist es jetzt möglich geworden, das Phänomen des Humanismus (mittel-)rheinischer Benediktinerklöster auf neugewonnener Überlieferungsbasis eingehend zu untersuchen. Im Mittelpunkt der Studie steht die Frage nach Entstehungssituation, Überlieferung, Strukturen und Quellen des über 500 Seiten umfassenden Geschichtswerkes, in dem Piscator über sein eigentliches Thema einer Geschichte von Stadt und Bistum Mainz weit ausgreift und im besonderen auch nach der Vergangenheit Deutschlands in Altertum und Mittelalter fragt. Ein Schwerpunkt der Monographie liegt auf der Untersuchung von Quellenverwendung und Arbeitsweise des Humanisten, die Licht auch auf jenen Kreis gleichgesinnter Dichter und Historiographen in den umliegenden Benediktinerklöstern wirft, in dem Piscator sich bewegte. Zugleich zeigt sich – dies das wohl überraschendste Ergebnis -, daß Hermannus Piscator der erste nachzuweisende Geschichtsschreiber ist, der ein Geschichtswerk in fortlaufend gezählte Jahrhunderte eingeteilt hat, was die Forschung bislang den späteren, berühmten Magdeburger Zenturiatoren zugeschrieben hat, durch die dieses Einteilungsschema in der neuzeitlichen Geschichtsschreibung verbreitet wurde.