Humanity’s saving graces: Die Neuverhandlung von Religion und Spiritualität in Margaret Atwoods MaddAddam-Trilogie
Michael Ulrich
Margaret Atwood, eine lebende Ikone der kanadischen Gegenwartsliteratur, unternimmt in ihrer zwischen 2003 und 2013 erschienenen MaddAddam-Trilogie eine Neubewertung von Religion. Laut dieser Arbeit kommt Religion in Verbindung mit Spiritualität und Mythologie die Funktion als „saving grace“ der Menschheit zu; sie sind die Kräfte, die die Menschheit vor dem drohenden Untergang retten kann. Welchen Beitrag leisten Religion und Spiritualität für eine neuartige Gesellschaftsordnung? Welche Fähigkeiten vermittelt sie, beim Überleben der Menschheit? Diesen hochaktuellen Fragen geht diese Untersuchung nach, ohne außer Acht zu lassen, dass Religion und die Suche nach Spiritualität schon immer wichtige Themen in Atwoods Romanwerk waren. Dabei zeigt sich, dass Atwoods Beschäftigung mit dem Ökofeminismus und der Zentralbegriff ihres Oeuvres, das survival auch eine religiöse und spirituelle Komponente aufweisen. Die Arbeit untersucht folgende Bereiche in Atwoods Werk: die vielfältige Religions- und Kirchenkritik, die ihr Werk wie einen roten Faden durchzieht. Die God’s Gardeners weichen davon ab; sie sind das erste und einzige Beispiel für eine religiöse Gemeinschaft in Atwoods Werk, die ihre Mitglieder zum richtigen, umweltbewussten Handeln anleitet. In der MaddAddam-Trilogie wird ein Band zwischen Mythen und Religion erschaffen, das auf dem profunden intertextuellen Spiel mit der biblischen Überlieferung beruht. Der letzte Analyseschwerpunkt widmet sich dem Zusammenhang zwischen apokalyptischer Rhetorik und Atwoods Zentralthema des Überlebens in der Wildnis. Die Romane Surfacing, Cat’s Eye, The Handmaid’s Tale und The Blind Assassin werden bei den Textanalysen berücksichtigt. Auch einen Ausblick auf Atwoods neu erschienenen Roman The Testaments, in dem Religion wieder als Machtstruktur dargestellt wird, unternimmt diese Arbeit.