Im Dunkel der Gasse unter den Bäumen an einem Herbstabend
Franz Kafka, Reiner Stach
„Im Dunkel der Gasse unter den Bäumen an einem Herbstabend“ – so lautet der erste Satz von Franz Kafkas „Blauem Schulheft“, das hier zum ersten Mal als eigenständige Publikation erscheint. Das aus Kriegspapier gefertigte Heft, das Kafka im Herbst/Winter 1923/1924 nutzte, ist ein einzigartiges Dokument – nicht nur, weil es zu den wenigen literarischen Zeugnissen aus dem letzten Lebensjahr gehört: Es belegt, dass Kafka – während er gleichzeitig an formal geschlossenen Texten wie „Der Bau“ arbeitete – auch eine Art von „ungebundenem Schreiben“ kannte, in dem die bildhaften Einfälle nicht mehr einem Plot, einem erzählerischen Zusammenhang, untergeordnet sind, sondern sich zunehmend verselbständigen.
„Keine Absichten, kein Programm. Was in Prosa möglich ist, schöpft Kafka aus. Im ‚Blauen Schulheft‘ lesen wir die Zeichen dessen, was ungeschrieben bleibt.“ Reiner Stach