Im Lichtnetz
Gedichte aus drei Jahrzehnten
Johann-Christoph Bürgel
Die hier vereinigten Gedichte versuchen, bald mehr, bald weniger, Formen, Redefiguren, Bilder und Ideen der klassischen islamischen Dichtung (namentlich aber der persischen) unaufdringlich in die abendländische Tradition einzuschmelzen. So hat z.B. die Ghaselform mit ihrer regelmässigen Wiederkehr eines einzigen Reims strukturbildend auf eine ganze Reihe von Gedichten eingewirkt, ohne je streng nachgebildet zu sein. Zahlreiche Bilder sind orientalisch inspiriert, so wird etwa nach persischem Vorbild die Welt als «alter Basar» eingeführt, der Abend als «Schenke» oder die Sonne als «herrlichste im Chor der Zauberinnen» personifiziert. Der Orient tritt aber auch selber als Erlebnisraum in Erscheinung. Aus der islamischen Mystik und der persischen «Philosophie der Erleuchtung» ist manche Idee eingeflossen, doch immer nur als Erfahrung, nie als zu vermittelnde Lehre. Gemeinsamer Nenner ist das Erleben der eigenen Existenz «im Lichtnetz» des Kosmos, diesem ungeheuren Netz von Strahlen, belebenden und vernichtenden, versengenden und erleuchtenden. Wichtigste Themen sind die Erscheinung göttlicher Schönheit in der Schöpfung und das Rätsel des menschlichen Daseins in der Geschichte, Beseligungen und Ängste, die sie gebären.