Im Wald der Zeichen
Linguistik und Anthropologie. Das Werk von Claude Lévi-Strauss
Michael Walitschke
Claude Lévi-Strauss, einer der Hauptvertreter des Strukturalismus, ist zwar schon längst zu einem Klassiker unter den modernen Theoretikern avanciert, doch seine Bücher gelten nach wie vor als eine schwierige Lektüre. Eine möglichst textnahe Einführung in sein Werk fehlte bislang ebenso wie eine Rekonstruktion seines von Ferdinand de Saussure inspirierten semiologischen Theorierahmens. Diesem Mangel will das vorliegende Buch abhelfen, bei dem es sich um eine allgemeinverständliche Einführung in das Werk von Claude Lévi-Strauss aus linguistischer Perspektive handelt. Rekonstruiert wird, wie Lévi-Strauss das sprachwissenschaftliche und zeichentheoretische Modell Saussures auf die verschiedenen Phänomene sog. primitiver Kulturen projiziert und dabei die sprachanaloge Strukturierung dieser Phänomene und deren Zeichencharakter aufzeigt. Nach einer einleitenden Skizze des Saussureschen Modells und einiger für Lévi-Strauss wegweisender Konzepte Roman Jakobsons bietet des Buch eine Einführung in die drei hauptsächlichen Forschungsgebiete von Lévi-Strauss: Verwandtschaftsstrukturen und Heiratsregeln; Totemismus und Wildes Denken; Mythologie. Das Mythologie-Kapitel erläutert neben den Lévi-Strauss’schen Interpretationen des Ödipus- und des Asdiwal-Mythos besonders ausführlich seine in den „Mythologica“ durchgeführte Analyse des mythischen Diskurses der indianischen Ureinwohner Nord- und Südamerikas. Den Abschluß des Buches bildet eine kritische Darstellung der Grundcharakteristika von Lévi-Strauss‘ Anthropologie. Im Mittelpunkt steht dabei seine Absage an die Saussuresche Vorstellung von der Willkürlichkeit des Zeichens, sein Abstrahieren von den subjektbezogenen Dimensionen des Sinns und der Bedeutung sowie seine Reduktion semiotischer Strukturgegebenheiten in der Kultur auf die Natur des Geistes bzw. des Gehirns und dessen Operationsweisen.