Indien verstehen
SympathieMagazin
Christina Kamp, Hörig Rainer, Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V.
Editorial „Indien verstehen“
Indien zu verstehen ist kein leichtes Unterfangen. Kaum ein anderer Staat der Erde vereint innerhalb seiner Grenzen eine solche Fülle verschiedener Lebensformen, Religionen und Weltanschauungen.
Indien steckt voller Widersprüche. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinen gleichzeitig stattzufinden. Faszination und Irritation liegen dicht beieinander: sagenhafter Reichtum und massenhafte Armut, grandiose Paläste und schäbige Wellblechhütten. Frauen in golddurchwirkten Saris einerseits, Mitgiftmorde und brutale Vergewaltigungen andererseits. Vieles wurzelt in alten Bräuchen und Denkweisen. Manches ist schwer verständlich, einiges überhaupt nicht akzeptabel.
Noch vor ein paar Jahren bestimmte der scheinbar unaufhaltsame ökonomische Aufschwung die Berichterstattung. Doch das Wirtschaftswunder ist ins Stocken geraten. Gesellschaftliche Verwerfungen stehen nun im Fokus: die Kluft zwischen Arm und Reich, massive Korruption, zunehmender Nationalismus, Unterdrückung von Frauen und Mädchen. Und: Herausforderungen, aber auch die Chancen, die mit einer Bevölkerung einhergehen, bei der mehr als die Hälfte unter 24 Jahre alt ist. Die jungen Inderinnen und Inder sind lebendig, engagiert, karrierebewusst und trotzdem stolz auf ihr Heimatland – ein Potenzial, auf das Indien zählen kann – und muss. Denn „die gigantischen Herausforderungen, vor denen die Welt heute steht, werden sich nur bewältigen lassen, indem Indien wesentlich dazu beiträgt. Das gilt insbesondere für den Klimaschutz und die Überwindung von Ungleichheit“, resümiert Christina Kamp, Redakteurin des vorliegenden Magazins.
Indien ist ein verwirrendes, manchmal schockierendes, aber auch unfassbar schönes Land. Wer es begreifen möchte, ist in jedem Fall gefordert. Die indischen und europäischen Autorinnen und Autoren wollen Mut machen, sich auf diese Herausforderung einzulassen.
Dietlind von Laßberg