Ingeborg Bachmanns ‚Ein Ort für Zufälle‘
Ein interpretierender Kommentar
Christian Däufel
Ingeborg Bachmanns Berlin-Text „Ein Ort für Zufälle“ gilt noch heute als ein rätselhaftes, schwer einzuordnendes Dokument der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur, das allerdings im Zusammenhang mit der Neubewertung des Bachmann’schen Œeuvres seit den 1980er Jahren eine breitere Rezeption als Schlüsseltext bzw. als ‚Klassiker‘ der Berlin-Literatur erfahren hat. Der damit einhergehenden Kanonisierung bestimmter Passagen, die losgelöst zitiert und zu einem prominenten ‚Argument‘ der Bachmann-Exegese erhoben wurden, steht die anhaltende Ausgrenzung weiter Teile des Gesamttextes aus dem wissenschaftlichen Diskurs gegenüber. Der vorliegende Kommentar bietet eine Einführung in die komplexe Ästhetik des Werkes unter Berücksichtigung sowohl der zeit-, kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Hintergründe als auch des intertextuellen Bezugssystems. Ausgehend von einer intensiven Auseinandersetzung mit der literaturwissenschaftlichen Diskussion um die Textsorte ‚Kommentar‘, präsentiert die angewandte Kommentierungspraxis anhand von Überblicks- und Detailanalysen Perspektiven des Verstehens und Interpretationsangebote, die den derzeitigen Wissensstand widerspiegeln, aber auch neue Impulse geben.