Innere Einflussgrößen auf die Spannungsrissbildung von Polycarbonat in Wasser
Nikolai Borchmann
Der Schädigungsmechanismus der umgebungsbedingten Spannungsrissbildung stellt eine Herausforderung bei der Auslegung von Kunststoffbauteilen dar, die neben mechanischen Lasten auch der Einwirkung von Umgebungsmedien ausgesetzt sind. Diese Arbeit beschäftigt sich hierzu mit der Frage, wie die Spannungsrissbildung von Polycarbonat
in Wasser praxisnah beschrieben werden kann. Es wird zunächst analysiert, welche inneren Bauteileigenschaften in welcher Weise zur Schädigung beitragen. Es zeigt sich deutlich, dass den verarbeitungsinduzierten Eigenspannungen eine besondere Bedeutung beizumessen ist, während Molekülorientierungen im vorliegenden Fall vernachlässigbar sind. Aufbauend auf diesen Ergebnissen erfolgt die Entwicklung eines Modellansatzes, der eine Berechnung von in spannungsrissfördernder Umgebung erzielbaren Bauteilstandzeiten ermöglichen soll. Die Beschreibung erfolgt dabei in Abhängigkeit effektiver lokaler Werkstoffbeanspruchungen.
Die Charakterisierung der Spannungsrissbildung erfolgt oftmals im Medien-Zeitstandzugversuch auf Basis von bis zum finalen Bauteilversagen erzielbaren Standzeiten. Da diese Ereignisse jedoch lediglich den Endpunkt einer mitunter sehr langen Schädigungsevolution darstellen, wird ein Anlagenkonzept entwickelt und konstruiert, dass eine Detektion der ersten Rissbildung im Medien-Zeitstandzugversuch gestattet. Anhand mit diesem System durchgeführter Untersuchungen wird gezeigt, dass vornehmlich Risswachstum und -ausbreitung durch verarbeitungsbedingte Eigenspannungen beeinflusst werden. Demgegenüber ist der Effekt auf den Zeitpunkt der Rissentstehung wesentlich schwächer ausgeprägt.
Es werden Strategien zur Minimierung des Risikos der Spannungsrissbildung in der Praxis erarbeitet. Es zeigt sich, dass das Spannungsrissverhalten durch geschickte Wahl der Verarbeitungsparameter beim Spritzgießen in günstiger Weise beeinflusst werden kann. Darüber hinaus kann der Einsatz von Verstärkungsfasern eine deutliche Verbesserung der Spannungsrissbildung bewirken. Hierbei gilt es allerdings, sowohl die lokalen Faserorientierungszustände als auch verarbeitungsinduzierte Eigenspannungen zu berücksichtigen.