Ins Ohr geflüstert
Fragmente eines Lebens. Kurzprosa und Lyrik
Marianne Behechti
Da, wo ihre Wade die halbhohe Wand ab und an berührte, spürte sie eine warme, klebrige Nässe. Noch brachte sie es nicht fertig, ihre Hände zu bewegen. Die rechte umklammerte einen schwarzweiß gepunkteten Tschador und ihre linke hielt die Wagenplane zu. Als sie erneut Atem holte, hörte sie Schritte. In der Mittagszeit war es eigentlich ruhiger. Viele hatten sich zum Mittagsgebet in die naheliegende Moschee begeben. Teheran war seit dem grauenhaften Freitag im September immer mehr zu einem brodelnden Hexenkessel geworden. Jeden Tag, so hieß es jetzt, jeden Tag soll er gehen. Heute geht er endgültig, der Schah. „Marg bar Schah!“ – Tod dem Schah!