Institutionelle Grundlagen effizienter Wirtschaftspolitik.
Wolf Schäfer
In der scientific community der Ökonomen wird seit längerem der schwindende Einfluss der Volkswirtschaftslehre auf die praktische Wirtschaftspolitik beklagt. Diese Klage ist nicht neu, aber es gibt Indizien, die zu bestätigen scheinen, dass die Kluft zwischen ökonomischer Akademia und angewandter Wirtschaftspolitik sich vertieft. Jedenfalls bildete dieser Eindruck den allgemeinen Diskussionshintergrund für das Generalthema „Institutionelle Grundlagen effizienter Wirtschaftspolitik“, das auf der Jahrestagung 2004 des Wirtschaftspolitischen Ausschusses im Verein für Socialpolitik vom 16. bis 18. März in Münster behandelt wurde und deren Referate in diesem Band dokumentiert werden.
Ohne wissenschaftliche Ökonomie verliert die praktische Wirtschaftspolitik die Orientierung hin zu langfristiger Effizienz für die Gesellschaft. Wissenschaft, die öffentlich finanzierte zumal, hat deshalb eine Bringschuld gegenüber der Öffentlichkeit. Ziel der wissenschaftlichen Ökonomik sollte es deshalb sein, auf die praktische Wirtschaftspolitik direkt und indirekt Einfluss zu nehmen. Dazu bedarf es bestimmter institutioneller Voraussetzungen wie zum Beispiel der Bedingungen, unter denen wissenschaftliche Politikberatung erfolgt. Warum bedienen sich die Regierenden in Deutschland trotz einer leistungsfähigen wissenschaftlichen Infrastruktur – Wissenschaftliche Beiräte, Forschungsinstitute, Universitäten – für die Politikberatung zunehmend kommerzieller Beratungsfirmen und Ad-hoc-Kommissionen, die eher kurzfristorientierte Konsenslösungen denn langfristorientierte Sachlösungen anbieten?
Politikberatung, wie sie in Deutschland und in anderen Staaten praktiziert wird, bildet deshalb einen Themenschwerpunkt dieses Bandes. Dabei werden auch sehr persönliche Erfahrungen einzelner Autoren aus der Praxis ihrer langjährigen wissenschaftlichen Politikberatung dokumentiert. Darüber hinaus werden die Voraussetzungen für institutionelle und wirtschaftspolitische Reformen aufgezeigt. Der Band versteht sich als Beitrag zur Überwindung der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen ökonomischer Wissenschaft und praktischer Wirtschaftspolitik.