Irmgard Keun – Zeit und Zitat
Narrative Verfahren und literarische Autorschaft im Gesamtwerk
Beate Kennedy
Die Wahrnehmung Irmgard Keuns (1905–1982) ist eng verbunden mit ihrem Roman Das kunstseidene Mädchen. In der erzähltheoretisch inspirierten Forschung liegt der Fokus häufig auf den frühen Romanen. Parallel dazu fasziniert das Leben der Autorin. Oft werden die Leerstellen der Romane mit biographischen Details gefüllt, aber auch Darstellungen des Lebens durch Handlungselemente der Romane ergänzt. Solche Lektüren lassen sich als Effekte erzählerischer Strategien beschreiben, die sich nicht auf die fiktionalen Texte beschränken. Die Verfahren folgen bestimmten Mustern, deren Variation einen engen Zeitbezug aufweist. Muster und Variation finden sich in allen Genres: im Roman, in der Lyrik, aber auch in Briefen Keuns, in ihren Radio- und Fernsehinterviews. Die Studie schlägt ein Lektüremodell vor, das fiktionale und nichtfiktionale Elemente ausweist, ästhetische Textkonstruktion wahrnehmbar macht und gleichzeitig die Kategorie Autor reflektiert. Erstmals wird die gesamte Keun-Forschung systematisiert, der Werkbestand klassifiziert und zuvor unerschlossenes Material präsentiert.