Islam in Europa
Transformation, religiöse Erneuerung und innere Diversifizierung am Beispiel Bulgariens
Jordanka Telbizova-Sack
Europa erlebt ein intensives Interesse an Religion. Islam-Debatten sorgen für Kontroversen und spalten große Teile der Öffentlichkeit. Während sich die internationale Forschung intensiv mit muslimischen Einwanderern nach Westeuropa beschäftigt, wird häufig übersehen, dass der Islam in Südosteuropa seit Jahrhunderten Teil der europäischen Geschichte ist.
In ihrer Studie analysiert Jordanka Telbizova-Sack das Verhältnis von Tradition und Innovation im bulgarischen Islam. Sie bietet empirische Einblicke in das religiöse Leben der ethnisch und sprachlich heterogenen Muslime und erörtert das Vorkommen islamischer Reformdiskurse. Untersucht wird zum einen die Neuausrichtung islamischer Institutionen, zum anderen stehen Prozesse interner Diversifizierung, transnationaler An- und Einbindung des bulgarischen Islam sowie das komplexe Verhältnis zwischen Staat und muslimischen Bevölkerungsgruppen im Mittelpunkt der Untersuchung. Besondere Aufmerksamkeit wird dem religiösen Feld gewidmet, das aufgrund seiner zahlreichen Akteure und durch den Generationenwechsel an Dynamik gewinnt. Welche Akteure und Gruppen sind am Prozess der Neuausrichtung islamischer Traditionen beteiligt? Wo liegen die Unterschiede zu den muslimischen Gemeinschaften in Westeuropa, wo die Gemeinsamkeiten? Welchen Beitrag können die Balkanmuslime beim Entstehen eines europäischen Islam leisten? Es zeigt sich, dass Modernisierung hier ebenso wenig als Säkularisierung beschrieben werden kann, wie die aktuelle Rolle von Traditionen oder deren Wiederaufnahme nur als fundamentalistische Revitalisierung zu verstehen sind.