Johann Salomo Semler
Studien zu Leben und Werk des Hallenser Aufklärungstheologen
Gottfried Hornig
Johann Salomo Semler (1725-1791), der wesentliche Anregungen von seinem Lehrer S.J. Baumgarten und der zeitgenössischen Geschichtswissenschaft aufgenommen hat, gilt als Begründer der einflußreichen und bis heute umstrittenen historisch-kritischen Theologie, die Elemente der Traditionsbewahrung und der Traditionskritik in sich vereint. Nachdem zunächst auf dem Hintergrund der Zeitgeschichte die Stadien seines Lebensweges nachgezeichnet wurden, konzentriert sich die folgende Darstellung auf das Bibelverständnis und die Hermeneutik, die Christologie und Soteriologie sowie den Perfektibilitätsgedanken. Erörtert werden auch Semlers Forderung nach Gewissensfreiheit und religiöser Toleranz und ihre Auswirkung auf das Zusammenleben in einem mehrkonfessionellen Staat. Skeptisch und ablehnend gegenüber einer ohne Lehrkonsens vollzogenen institutionellen Kirchenvereinigung von Protestantismus und Katholizismus, ist Semler mit seiner Wesensbestimmung des Christentums doch für eine die Konfessionsgrenzen überwindende geistliche Einheit der Christenheit eingetreten. Auf ihn geht auch der Begriff der ‚Privatreligion‘ zurück, und er formuliert wichtige Gründe für die Unterscheidung von christlicher Religion und wissenschaftlicher Theologie.