Jordanien verstehen
SympathieMagazin
Martina Sabra
Editorial »Jordanien verstehen«
Als 2005 das erste SympathieMagazin über Jordanien erschien, war die Hoffnung im Nahen Osten groß: Die Normalisierung der israelisch-palästinensischen Beziehungen, die Realisierung einer Zweistaatenlösung, ein stabiles Jordanien mit friedlichen Nachbarn schienen vorstellbar. Doch es kam anders. Der Krieg in Syrien seit 2011, der Kampf um die Vormachtstellung in der Region zwischen Saudi-Arabien und Iran, das nach wie vor ungelöste Palästinaproblem und ein unberechenbarer Partner in den USA sind Beispiele für die schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen. Auch innenpolitisch hat Jordanien Probleme: eine sich verschlechternde Wirtschaftssituation, stagnierende Reformpolitik, eingeschränkte Freiheitsrechte. »Noch ist Jordanien stabil, aber durch die vielen Konflikte und Fluchtbewegungen in der Region ist die Lage komplexer geworden«, meint Martina Sabra, die Magazinredakteurin.
Doch Jordanien hat schon oft Flexibilität und Pragmatismus bewiesen: Die Mehrheit der Bevölkerung ist palästinensischer Herkunft. Jordanien hat damals Schutz geboten, wurde zweite Heimat. Genau wie später für irakische und heute für rund eine Million syrische Geflüchtete.
»Bei allen Problemen (…) hat Jordanien durchaus Potenziale für eine stabile Zukunft«, sagt Malika Bouziane im Schlussbeitrag. Wer als Reisender das Land besucht, ist fasziniert von kontrastreichen Landschaften und kulturhistorischen Reichtümern, aber auch von der Kreativität der Menschen und den sichtbaren Veränderungen im Alltag. Viele junge Leute sind bereit, sich fürs Gemeinwohl zu engagieren. Sie protestieren für soziale Gerechtigkeit, mehr Mitsprache und Transparenz. Für Jordaniens Zukunft wird viel davon abhängen, inwieweit das Königshaus bereit ist, diese Herausforderungen anzunehmen und echte wirtschaftliche und politische Reformen zuzulassen.
Dietlind von Laßberg