Kaminchu
Spirituelle Heilerinnen in Okinawa
Isabelle Prochaska-Meyer
Die Religion Okinawas, der südlichsten Präfektur Japans, hat die Besonderheit, dass vor allem Frauen wichtige Aufgaben übernehmen. Im Mittelpunkt dieser Studie stehen Kaminchu – sogenannte „’kami‘-Menschen“. Dabei handelt es sich um Personen (überwiegend Frauen), von denen gesagt wird, dass sie spirituelle Fähigkeiten haben, und durch Kommunikation mit ‚kami‘, Ahnen und Geistern Lösungsansätze in Problemsituationen geben können. Sie werden in unterschiedlichen Angelegenheiten konsultiert, beispielsweise bei einer Krankheit, die von der Schulmedizin nicht diagnostiziert, geschweige denn geheilt werden kann, bei unglücklichen Vorfällen oder für zyklische Dienste, wie etwa ein Ritual zur spirituellen Reinigung des Hausgrundstückes für das Wohl der Familienmitglieder. Kaminchu interpretieren Störfälle als verschiedene Formen des Ungleichgewichts, die Rituale dienen dazu, die Ordnung wiederherzustellen. Ihre Kosmologie spiegelt wichtige spirituelle Konzepte der Religion Okinawas wider: So spielt die Ahnenverehrung eine große Rolle im Zusammenhang mit der Diagnose von „metaphysischen Krankheiten“, und die wesentliche Bedeutung bestimmter Plätze bei Betritualen zeigt die Sensibilität gegenüber der örtlichen Komponente, die in dieser Arbeit als „spiritueller ‚Topos’“ bezeichnet wird. Die Verfasserin hat während eines zweijährigen Forschungsaufenthaltes in Okinawa mehrere spirituelle Heilerinnen kennengelernt, sie über ihren Werdegang und ihre Tätigkeit als Kaminchu befragt, sowie teilnehmende Beobachtung bei Betritualen und Konsultationen durchgeführt. Die Studie gibt einen Einblick in die spirituelle Welt und Tätigkeit der Kaminchu und ihre Bedeutung in der gegenwärtigen Gesellschaft Okinawas.