Katastrophe und Zukunftshoffnung
Mutmaßungen zur zweiten Hälfte von Diodors Bibliothek und ihren verlorenen Büchern
Gerhard Wirth
Diodors Weltgeschichte endet mit der noch von ihm selbst erlebten Zeit unter Octavian. Dabei ist die zweite Hälfte der 40 Bücher, die Zeit ab 301 v. Chr., nur in Fragmenten aus der byzantinischen Zeit (Photios, Constantinische Exzerpte, Tzetzes) erhalten, so dass sich für die Absichten Diodors, seine Deutung der eigenen Gegenwart aus der Vergangenheit und das Verhältnis zum eigenen Werk wenig ergibt, dessen Rolle erst aus den letzten Partien wirklich verständlich werden würde. Indes könnte ein Vergleich mit sachlich parallelen Zeugnissen wie auch der sprachlichen Eigenheiten und eine Interpretation einzelner, zufällig erhaltener Stellen nahe legen, Diodors Bild von dem behandelten Zeitraum seit den frühesten bekannten Reichen der Geschichte habe in der Roms gleichsam kulminiert, wobei Genese und Entwicklungsprozess einen historischen, sondern mehr noch einen ethischen Entwicklungsprozess ausmachten, an dessen Ende die Berechtigung Roms zu seinem Imperium stand und dessen weitere Rolle in der Ausmerzung von Barbarei und Erziehung der Menschheit zu verbesserten Lebensformen den nächsten, künftigen Abschnitt der Weltgeschichte bestimmen würde, der sich an den von Diodor als eine in sich geschlossene Einheit dargestellten demnach ganz natürlich anschloss. Der Zeitraum vom Ende der Diadochen bis zur Vollendung des Imperiums indes scheint für Diodor zugleich von einer bis zur Katastrophe führenden Entwicklung begleitet, die, auf alle Bereiche des Lebens bezogen, sich für ihn nicht zum wenigsten aus dem Zusammenhang heterogener Bestandteile wie der hellenistischen Welt die ebenfalls nicht nur im Politischen allein erklärt. Die Beendigung dieses Prozesses durch Rom aus eigener Kraft ist indes zugleich ein neuer Aspekt der Bewährung.
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The World History of Diodorus ends with the era under Octavian in Diodorus‘ own lifetime. However, of the 40 books only the first half is complete, the second half, the period from 301 B.C., extant only in fragments from the Byzantine period (Photios, Constantinian Excerpts, Tzetzes). Therefore little is revealed about Diodorus‘ intentions, his interpretation of his present through the past or his relationship to his own work, which would only be clear from these later sections. Despite this, comparisons with parallel testimonies and characteristics of the language, as well as the interpretation of some chance extant passages suggest that Diodorus‘ portrayal of the period in question, beginning in the earliest known reaches of history, culminated, so to speak, in the history of Rome. Thus, the origins and the developmental process were not only historical, but even more, they were ethical, the conclusion being the right of Rome to its empire as well as its role as the eliminator of barbarity and the educator of better ways of life. This would determine the next period of the world’s history, which naturally followed the unified history as presented by Diodorus. At the same time it seemed to Diodorus that the period from the end of the Diadochen until the triumph of the empire was accompanied in all areas of life by a development that could lead to disaster, not to a small extent caused by the interrelations of heterogeneous segments like the Hellenistic world, which also could not be explained purely politically. The power of Rome’s own authority to stem this process is, nonetheless, still another aspect proving its worth.