Kirchenbindung im gesellschaftlichen Wandel
Eine empirische Untersuchung pluraler Bindungsmuster von Kirchenmitgliedern
Peter Höhmann
Die Verbundenheit der Mitglieder mit der Evangelischen Kirche ist seit dem 2. Weltkrieg im Wesentlichen unverändert. Wohl aber hat sich die Gesellschaft der BRD seither massiv gewandelt. Diesen Sachverhalt greift der Autor unter zwei Blickrichtungen auf:
In einer Sekundäranalyse soziologischer Forschungsarbeiten zeigt er zunächst, wie gerade die Stabilität der Bindungsmuster im Zeitverlauf die soziale Marginalisierung der Kirche befördert: Sie wird in eine kulturelle Randstellung gedrängt.
Unter dem zweiten Blickwinkel bezieht sich die Analyse auf die verschiedenen Zugangs- und Ausschließungsformen in verstädterten und in ländlichen Regionen Hessens. Im Ballungsraum ist der Personenkreis, der durch familale Herkunft und soziale Lage individuell einen Zugang zur Kirche herstellen kann, durch die unveränderten Bindungsmuster immer stärker auf eine Minderheit begrenzt. In der Landregion ist der Kirchenzugang trotz des markanten sozioökonomischen Wandels unverändert mit der sozialen Gemeinschaft vor Ort verbunden. Personen, denen die Möglichkeit zur sozialen Integration verwehrt ist, bleiben weitgehend ausgeschlossen.
Die empirischen Befunde dokumentieren nicht, wie dies kirchenintern gern gesehen wird, einen Verfallsprozess gemeinschaftlichen Lebens, sondern vielmehr eine voneinander unabhängige Spezialisierung der genossenschaftlichen und der anstaltlichen Bestandteile der Kirche. Dieses Auseinanderdriften wird durch die kirchliche Reformpolitik eher gestützt als unterbunden.
Dr. Peter Höhmann ist Religionssoziologe und leitete zuletzt das Referat Sozialforschung und Statistik in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau