Klassensäuberung
Das Massaker von Katyn
Rita Seuß, Victor Zaslavsky
Die kühle und schockierende Analyse eines stalinistischen Massenmordes: Während der Perestroika mühsam zugegeben,
wurden die Archive unter Putin wieder geschlossen, mit der Begründung: »Eine demographische Motivation hat es nicht gegeben.«
Das Massaker von Katyn 1940, in dem zehntausende von Polen, überwiegend Offiziere und Intellektuelle, ermordet und ihre Angehörigen deportiert wurden, war ein Versuch der Klassensäuberung. Zaslavsky hat die unter Jelzin zugänglichen Akten durchgearbeitet und kommt zu diesem Schluss, der freilich eine lange Vorgeschichte hat: Der Klassenmord fand in der kurzen Zeit des Hitler-Stalin-Pakts statt. Nach der Entdeckung wurde er von Hitlers Propaganda instrumentalisiert, während die Führung der Sowjetunion das Verbrechen der Wehrmacht anlastete. Die westlichen Alliierten hingegen wählten die diplomatische
Taktik des Schweigens – eine Taktik, die den auf Seiten der Alliierten stehenden Polen unverständlich geblieben ist. Noch heute lastet dieses »Beschweigen« auf dem Verhältnis der Polen zu Europa und den ohnehin schwierigen Beziehungen zu Russland.